Vor ein paar Jahren stieß ich bei der Recherche für ein neues Fashion Editorial auf einen spannenden Artikel: Die Bedeutung von Farben hat sich über die Jahrzehnte stark gewandelt. Besonders die Geschichte von Rosa und Blau – Farben, die eine regelrechte „Geschlechtsumwandlung“ durchlebten – faszinierte mich. Seit dem goldenen Zeitalter des Kapitalismus, etwa nach dem Zweiten Weltkrieg, wurden Rosa und Blau gezielt als geschlechtsspezifische Farben vermarktet, ein Trend, der bis heute nachhallt.
Für dieses Fashion Editorial, welches online in ELLE Kazakhstan veröffentlicht wurde, wollte ich die Wandelbarkeit von Rosa ins Rampenlicht stellen. Klassische, feminine Kleidung in Rosa war einfach zu finden – Kleider zum Beispiel. Aber ein rosafarbener Anzug? Das war die Herausforderung. Glücklicherweise entdeckte ich genau das, wonach ich suchte, bei Dolce & Gabbana. Um den maskulinen Charakter des Anzugs zu brechen, kombinierte ich ihn mit einer auffälligen Halskette, einem Stück, das ich oft mit Weiblichkeit verbinde. Das perfekte Statement-Accessoire fand ich schließlich bei Karl Lagerfeld – groß genug, um in jeder Aufnahme zu glänzen.
Schon zu Beginn der Konzeptentwicklung überlegte ich, welche visuellen Eigenschaften das Model mitbringen sollte. Für diese Fashion-Strecke stellte ich mir ein schwarzes Model vor, da ich glaubte, dass die hellen Farbtöne so am besten zur Geltung kämen. Magatte war mir schon Monate vor der konkreten Planung aufgefallen, und als das Konzept stand, kontaktierte ich ihre Mutteragentur Modelwerk. Nach einigen terminlichen Anpassungen fanden wir schließlich einen Shooting-Termin.
Mit beiden Looks wollte ich eine Anspielung auf die Spielzeugindustrie schaffen, die Rosa zunehmend zur „Mädchenfarbe“ machte und eng mit der Videospielwelt verknüpft ist – kaum ein Bereich bringt heute mehr Merchandising hervor. Das linke Outfit erinnert an ein Fantasy-Rollenspiel-Cosplay, wobei das Versace-Bustier für mich ein absolutes Highlight war, das unbedingt integriert werden musste. Der rechte Look wirkt – dank der lässigen Körperhaltung, dem Top von Rick Owens und der Sonnenbrille von Chloé – wie eine Hommage an weibliche Spielfiguren aus Action-Adventures wie GTA: Miami Vice, Genres, die traditionell als Männerdomänen gelten.
Bei der Wahl der Hintergrundfarbe schwankte ich lange zwischen Rosa und Blau und entschied mich schließlich für Blau, da ich befürchtete, dass ein rosafarbener Hintergrund zu monoton wirken könnte. Sicher, das hätte auch einen Reiz gehabt, doch ich wollte eine stärkere visuelle Differenzierung.
Wie für meine Editorials typisch, wählte ich ein weiches Licht, das hier bewusst feminin wirken sollte. Licht beeinflusst die Bildwirkung maßgeblich, und gerade bei den eher kantigen Fashion Looks – etwa dem Mugler-Kleid – hätte hartes Licht die Aussage der Strecke verzerrt.
Der blaue Hintergrundkarton brachte eine kleine Herausforderung mit sich. Eigentlich hatte ich einen kühleren Blauton im Sinn, doch bei Calumet in Köln war dieser in der gewünschten Größe (2,72 x 11 m) nicht vorrätig. Glücklicherweise fand ich dort den Farbton „Larkspur“, den ich im finalen Edit mit gezieltem Blitzen und minimaler Farbkorrektur anpasste.
Für das Shooting entschieden wir uns für Overknee-Stiefel von Alexandre Vauthier, in die ich mich sofort verliebte. Nein, ich bin kein Schuhfetischist, aber diese Stiefel waren einfach umwerfend! Seitdem gehören sie zu meinem Styling-Repertoire und finden in fast jedem Fashion-Shooting ihren Einsatz.
Mit der Erfahrung aus vielen Editorials weiß ich, dass man am besten mit einfachen Looks beginnt und auch endet. Das gibt dem Model die Möglichkeit, sich in Ruhe einzufinden, und erleichtert den Abschluss des Shootings. Wenn die stärksten Outfits zum Schluss kommen, ist das Model nach acht Stunden Shooting oft schon erschöpft – eine nachvollziehbare Herausforderung. Am Ende des Tages sind wir schließlich alle nur Menschen.
Der Titel dieser Strecke entstand übrigens als Anspielung auf das Debütlied „Into The New World“ der südkoreanischen Girlgroup Girls’ Generation, die 2007 ihre Karriere startete. Ich wollte jedoch keine direkte Kopie, sondern entschied mich für „Into A New Tomorrow“. Der Titel soll die Idee vermitteln, dass jeder neue Tag anders sein kann – mal besser, mal schlechter, aber immer im Wandel. Genauso, wie sich die gesellschaftliche Wahrnehmung von Farben im Laufe der Zeit verändert hat.